Foto: Rolf Krüger

MCR: Von Dinner-Church bis Happy Hour

von Julia Spliethoff

Zwischen Kochtopf und Abendmahl, Kneipe und Wanderweg – das MUT-Projekt „Munich Church Refresh“ bringt frischen Wind in die Kirchenlandschaft Münchens. Im Mittelpunkt steht die Frage, wie Kirche in der Großstadt relevant und erlebbar wird.

Während die einen Paprika schnippeln, Ingwer schälen oder Fladenbrot aufbacken, stellen andere Tische auf, decken Teller ein und sorgen mit Deko für ein gemütliches Ambiente. Was sich anhört wie ein geselliger Abend unter Freund:innen, ist in Wirklichkeit ein Gottesdienst. Dinner Church nennt sich dieses Format, bei dem gemeinsam gekocht und das Abendmahl gefeiert wird. Es ist nur eines der zahlreichen innovativen Events von Munich Church Refresh – einem MUT-Projekt der Evangelischen Kirche in Bayern, das nach neuen Formen für Kirche im urbanen Umfeld sucht.

Zwei getrennte Welten

Den Anstoß für die Initiative gab die Erkenntnis, dass Menschen zwischen 25 und 45 in der Münchener Innenstadt zwar statistisch den Großteil der Gemeindemitglieder stellen, bei kirchlichen Veranstaltungen jedoch selten anzutreffen sind. Das vielfältige Team von Munich Church Refresh hat es sich daher zur Aufgabe gemacht, herauszufinden, was junge Erwachsene in einer Großstadt wie München brauchen, um ihren Glauben zu leben. „Es sind wie zwei parallele Welten“, erklärt Pfarrer Daniel Steigerwald. „Auf der einen Seite die Kirche, die ihre Schätze aus der Tradition bewahrt, auf der anderen Seite moderne Menschen mit einem individuellen Zugang zu Spiritualität. Oft habe ich das Gefühl, dass diese beiden Realitäten kaum zueinanderfinden. Es fehlt an Vermittlung und Übersetzung.“

Ein Team, verschiedene Perspektiven

In genau diese Lücke will das Projekt treten. „Zu Beginn haben wir intensiv zugehört und gefragt, was die Menschen sich von der Kirche wünschen“, erzählt Katharina Mecheels, ebenfalls Teil des Leitungsteams. Im Unterschied zu Daniel ist sie keine Theologin, sondern Betriebswirtschaftsstudentin. Die dritte im Bunde, Svenja Ekigho, ist Literaturwissenschaftlerin. „Unsere unterschiedlichen Perspektiven auf Glauben und Kirche sind ein großer Gewinn“, sagt Katharina. Dennoch sei die Frage, was die Zielgruppe wirklich braucht, komplex und nicht mit einem einfachen Drei-Punkte-Plan zu beantworten.

Unsere unterschiedlichen Perspektiven auf Glauben und Kirche sind ein großer Gewinn

„In einer Stadt wie München ist Anonymität ein großes Thema“, erläutert sie. Das Wissen, dass es eine Gemeinschaft gibt, in der man sich vernetzen und zusammen auf der Suche sein kann – wo Menschen sich austauschen über das, was sie bewegt – sei für viele wichtig.

Trial and Error

Bei Munich Church Refresh wird von Beginn an nach dem Prinzip „Trial and Error“ gearbeitet: Formate werden ausprobiert, evaluiert und weiterentwickelt. Was gut funktioniert, wird ausgebaut; was nicht ankommt, wird verworfen. In Zusammenarbeit mit zahlreichen Gemeinden entwickeln die Pionier:innen so neue Formen, wie Glaube und Spiritualität gelebt werden können. Und das Angebot ist vielfältig: von der Hiking Church bis zur Happy Hour Theologie in der Kneipe.

Formate werden ausprobiert, evaluiert und weiterentwickelt.

Kooperation statt Konkurrenz

Katharina Mecheels erinnert sich: „Es hat eine Weile gedauert, bis allen klar war, dass wir kein Konkurrenzangebot sind. Wir setzen auf Vernetzung und gestalten die Formate in Kooperation mit den Gemeinden vor Ort.“ So wie die Dinner-Church, die in Zusammenarbeit mit der Kreuzkirche München durchgeführt wird.

Vision einer vielfältigen Kirche

Auf die Frage nach ihren Wünschen für die Kirche von morgen antworten die jungen Leitenden, dass sich die Vielfalt der Stadtgesellschaft auch in modernen Kirchengemeinden widerspiegeln sollte. Aktuell versuche man in der Kirche mit allen Angeboten, eine breite Zielgruppe anzusprechen; letztlich erreiche man aber nur einen kleinen Teil.

„Ich wünsche mir, dass es für unterschiedliche Menschen unterschiedliche Orte in unserer Kirchenlandschaft gibt, an denen Glauben, Schrift und Tradition mit ihren jeweiligen Bedürfnissen zusammenfinden können“, sagt Daniel Steigerwald. Seine Kollegin ergänzt, sie wünsche sich eine Kirche, die den Mut hat, Neues auszuprobieren und sich von alten Strukturen zu lösen, damit sie ein Ort für alle wird.

Ich erklimme die letzten paar Meter zum Gipfel, der Schweiß rinnt mir in die Augen, die Muskeln brennen – aber dann…dieser Blick. Der offene Himmel über mir, der kühle Windhauch auf meiner Haut.

Der Mensch ist ein Beziehungswesen – angewiesen auf Begegnung, Fürsorge und Gemeinschaft.