Worship: Soundtrack der Seele

Die Fragen stellte Julia Spliethoff

Musik ist weit mehr als nur Unterhaltung – sie kann ein Weg sein, das Göttliche zu spüren. Im Interview spricht Nicola Nitz darüber, wie Lobpreismusik eine Brücke zum inneren Zuhause schlägt, welche Bedeutung die Gemeinschaft dabei hat und warum Ehrlichkeit im Worship essenziell ist.

Frau Nitz, welche Rolle spielt Musik in Ihrem Leben?

Musik war für mich schon immer ein Weg, wie Gott erfahrbar wird und wie ich meinem Staunen ihm gegenüber Ausdruck verleihen kann. Und Musik hat per se etwas sehr Göttliches, weil es schöpferisch ist. Ich glaube, dass wir Menschen damit ausgestattet worden sind, diese feinen Schwingungen wahrzunehmen.

Wie würden Sie beschreiben, was Worship ist?

Worship oder Lobpreis hat für mich damit zu tun Gottes Wesen auszudrücken, das man in Worten nicht beschreiben kann, aber das in einer rockigen Akkordabfolge oder einem ganz leisen Instrumentalstück irgendwie greifbar und spürbar wird. 

Wir versuchen einen Ausdruck zu finden für etwas, wo Sprache an ihre Grenzen kommt.

Das großartige an Lobpreissongs ist, dass sie mich im Alltag begleiten. Die Texte und Melodien fallen mir ins Herz, mehr als komplizierte Bibelworte oder christliche Phrasen. 

Gleichzeitig geht es darum eine Haltung einzuüben – bereit zu sein für die Gegenwart Gottes. Im Worship geht die Tür in mein inneres Zuhause auf.

Beim Meditieren versucht man auch die inneren Ohren auf Empfang zu stellen. Worin unterscheidet sich der Worship von anderen spirituellen Praktiken?

Worship ist für mich eine extrovertierte, kollektive Form des Gebets. Es ist nichts, was nur in meinem Inneren stattfindet, sondern ich verleihe dem, was mich bewegt, Ausdruck. Und zwar in der Gemeinschaft mit anderen – ein Teil der Musik zu sein und gemeinsam einzutauchen in die göttliche Energie, das bereitet mir regelmäßig Gänsehaut.

Inwiefern beeinflusst die Gemeinschaft der Anwesenden den Lobpreis?

Ich glaube, die Gemeinschaft ist maßgeblich, weil die Gefühlsebene beim Worship eine so große Rolle spielt. Durch die Performance und mit der Atmosphäre, die hergestellt wird, kann man viel richtig machen, was es Menschen ermöglicht in diesen Raum einzutauchen. Und man kann auch ganz viel falsch machen. Es ist ein schmaler Grat. Für mich ist wichtig, dass es keine Bühnenshow ist, sondern auch wir als Musiker Teil der Gemeinschaft sind.

Sie sind keine Entertainerin, sondern selbst Anbetende?

Genau. Wenn es nach mir geht, würde ich auch hinter einem Vorhang Musik machen. Es kommt darauf an, dass wir ankommen können und in die Verbindung zu Gott treten. Ganz egal ob da eine krasse Band vorne steht oder nur eine Gitarre zu hören ist.

Es kommt darauf an, dass wir ankommen können und in die Verbindung zu Gott treten. Ganz egal ob eine krasse Band vorne steht oder nur eine Gitarre zu hören ist.

Wie wenn wir gemeinsam am Lagerfeuer sitzen. Alle nehmen sich, was sie brauchen und geben, was sie gerade haben. Als Musiker:in  begleitet man das dann eher oder gestaltet diesen Raum.

Und wie gestalten Sie diesen Raum?

Wenn ich in die Bibel gucke, wie da musikalisch gebetet wird, dann hat das alle Facetten. Da ist Leid und Klage genauso wie staunendes Lob und Ehrfurcht. Darin sehe ich unseren Job, wenn wir Musik machen – nicht aus dem Blick zu verlieren, dass es um diese ganze Palette geht. Mir sind auch explizit Songs aus dem nicht-christlichen Pop-Bereich sehr wichtig geworden. Dort gibt es immer wieder tiefe Texte, die meiner Glaubenssehnsucht Ausdruck verleihen. 

Welche Grenzen hat der Worship?

Worship ist nicht die eierlegende Wollmilchsau und als Format für jeden Geschmack und jede Altersgruppe geeignet. Es ist einfach ein bestimmter Zugang, wie man Gott spüren, erfahren, ausdrücken kann – und es muss auch gar nicht für alle das Richtige sein.

Gibt es Rituale im Worship, die zu einer spirituellen Verbindung beitragen?

Ich glaube, dass Worship eine gewisse Grundliturgie hat. Hinter dem ganzen oberflächlichen Funktionieren im Alltag und der Tatsache, dass eigentlich ja alles okay ist, komme ich an den Punkt, wo manches nicht okay ist und ich Zeit brauche, um hinzugucken. Dieses Ehrlichwerden vor Gott ist essenziell. Ebenfalls ein starkes Thema im Worship ist das Bekenntnis – sich in den Zusagen Gottes zu verankern. Zum Beispiel in der biblischen Zusage, dass er uns nicht allein lässt. Davon zu singen, kann Tiefe und Verbundenheit schaffen.

Nicola Nitz

ist Diakonin und Referentin für Missionale Kirche/Kirche Kunterbunt der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern. Mit ihrer Band „Die alte Dame und Herr Mond“ macht sie Musik in den unterschiedlichsten Kontexten vom Straßenfest bis zum Gottesdienst.

Foto: Hammelburg Liederwerkstatt

"Worship" ist der englische Begriff für "Anbetung" und beschreibt im christlichen Kontext die Verehrung und den Lobpreis Gottes.